Gerry Lopez über Surf Sessions mit Arnold Schwarzenegger und Barrels am Mount Hood
Gerry Lopez ist der stilsicherste Surfer aller Zeiten. Und hier beschränken wir uns nicht nur auf seine unvergleichliche Art zu Surfen – es geht vielmehr um seine unbeschreibliche Leichtigkeit des Seins, mit der sich Lopez seit Jahrzehnten mit der Anmut einer Katze durchs Leben bewegt. Gerry Lopez redet langsam, aber denkt schnell und progressiv, seine avantgardistische Art und Weise zu Shapen und zu Surfen hat Generationen von Wellenreitern nachhaltig beeinflusst. Was auch immer Lopez anfasste, sei es Surfen, Yoga, Snowboarden oder die Schauspielerei – es wurde zu Gold.
Text & Interview: Nico Steidle Warum sich der Leitstern unserer Surfkultur damals gegen eine Karriere in Hollywood entschieden hat, wieso er und Arnold Schwarzenegger eine kleinkriminelle Vergangenheit teilen und wie seine perfekte Welt aussehen würde, erzählt euch Mr. Pipeline hier im Interview.
Da seid ihr falsch informiert. [lacht] Ich gebe heute wahrscheinlich mehr Interviews, als ich es je getan habe. Ich habe erst gestern eines mit einem lokalen TV-Sender über Surfen bei den Olympischen Spielen gemacht.
Ich finde es großartig! Die olympische Surfidee ist ja schon über hundert Jahre alt. Duke Kahanamoku trat bereits 1912 vor das olympische Komitee in Stockholm und schlug vor, Surfen zum olympischen Sport zu machen. Insofern war es an der Zeit, dass es endlich passiert.
[lacht] Das stimmt. Die Surfboards damals glichen Bügelbrettern, sie waren sehr flach, ganz anders als heute. Phil Edwards, der damals wohl der beste Surfer der Welt war, surfte Pipeline 1961 mutmaßlich als erster überhaupt. Und er sagte mir danach, dass die Welle ihm furchtbare Angst einjagte. Und mir ging es bei meiner ersten Session nicht anders. Ich hatte ziemlich viele harte Wipeouts und kein einziges Erfolgserlebnis.
Jack Sutherland, den ich an diesem Tag im Line-Up traf und der damals schon ein sehr viel besserer Surfer war, gab mir den Tipp, den Take-off diagonal zu machen, was ich mir beim nächsten Versuch zu Herzen nahm. Aber so richtig gute Pipe Sessions kamen erst mit den frühen Shortboards. Die alten Bretter waren einfach zu flach und der Take-off zu schnell und steil.
Ich baute kürzere Bretter mit einem kleinen Rocker. Aber es sollte bis 1970, also lange sieben weitere Jahre dauern, bis ich das erste Board unter den Füßen hatte, das wirklich gut in Pipeline funktionierte.
Die Wellen waren schlecht, als ich morgens den Swell checkte. Es war windig, die Swell Direction stimmte nicht. Ich ging also wieder. Erst im Fernsehen sah ich später, dass der Pipeline Contest stattgefunden hat, ich war natürlich sehr enttäuscht. Aber damals gab es keine tragbaren Telefone, ich besaß nicht mal ein Haustelefon. Insofern konnte mir niemand Bescheid geben.
Ich habe die Pipemasters 1972 und 1973 gewonnen. Insgesamt bin ich den Wettbewerb 25 Jahre mitgesurft.
Randy Rerrick, ein guter Freund von mir, war damals verantwortlich für die Austragung des Contests. Ende September hatten sie noch immer keinen Sponsor und er war schon drauf und dran, die Pipemasters abzusagen. Also klopfte ich bei meinem damaligen Sponsor Chiemsee an und fragte Martin und Christoph, die beiden Chefs, ob sie die Pipemasters sponsern wollen. Und sie waren Feuer und Flamme. Sie sponserten das Event dann zwei Jahre, eines davon war das Jubiläumsevent „25 Jahre Pipemasters“.
Sie wussten, dass ich von Chiemsee gesponsert wurde, aber die meisten waren etwas befremdet, dass eine Marke aus Deutschland die Pipemasters sponserte. [lacht] Es war günstig damals, ich glaube, sie zahlten ungefähr 5.000 Dollar. Damit würde man heute mit einer Sponsorenanfrage nicht mehr weit kommen. Die Marke profitierte auf jeden Fall nachhaltig vom Event.
Wenn du anfängst zu Surfen ist es ein Kampf gegen das Meer, gegen dich selbst und gegen den Willen aufzugeben. Ich orientiere mich hier an der chinesischen Philosophie des Yin und Yang, die Suche nach der inneren Balance, einer inneren Ausgeglichenheit, einem inneren Frieden. Ich habe diese Balance in Pipeline gefunden, ich habe meinen Frieden mit der Welle geschlossen. Ab diesem Zeitpunkt wurde es einfacher. Ich habe den Spot respektiert und Pipeline hat mich dafür mit vielen guten Wellen belohnt. [lacht]
Das muss vor sieben Jahren gewesen sein. Ich organisierte einen Yoga Retreat an der Northshore und ich sah, dass es Wellen gab. Es war klein und ich surfte mit meinem Sohn. Das war das letzte Mal.
In seiner Grundidee ist Dahui ein ganz normaler Surf Club, der Events, Beach Cleanups und Contests organsiert. Aber in den späten 70gern erlebte Surfen einen unwahrscheinlichen Hype und jeder wollte dabei sein. Es gibt keine geschriebenen Gesetze im Surfen, jeder macht, was er will. Vor allem der Winter an der Northshore war überflutet mit Besuchern. Und sie haben nicht verstanden, wie das an der Northshore funktioniert. Dahui hat es ihnen erklärt bzw. dafür gesorgt, dass sich die Besucher an die Regeln halten und die Locals respektieren.
Dahui bekam eine Menge schlechter Publicity, in meinen Augen allerdings zu Unrecht: Hier wurden vor allem große Egos guter, ausländischer Surfer verletzt, die sich oft verhielten, als würden die Spots ihnen gehören und eine Welle nach der anderen nahmen. Dahui sorgte dafür, dass die, die nicht teilen wollten, nicht mehr Surfen durften. Sie schafften einen Rahmen für die Surfetikette auf Hawaii, die damals nicht einmal in Ansätzen existierte. Insofern sehe ich die Bewegung sehr positiv.
Ich fand die Idee absolut lächerlich. Aber nicht nur ich, ganz Hawaii lachte über die Idee. Warum sollte dich jemand für etwas derart hedonistisches wie Surfen bezahlen? Aber sie glaubten fest daran und sollten ja am Schluss auch recht behalten. Der erste hawaiianische Surfer, der für Surfen bezahlt wurde, war Larry Burbleman, der von „Town and Country“ mit Surfboards unterstützt wurde. Ich freute mich für ihn, denn er hatte keinen anderen Job. [lacht] Ich habe immer mein Geld mit Shapen verdient, Surfen war ein Hobby für mich.
Das war 1990, als ich bei Martin für Chiemsee unterschrieb. Ich war wirklich geschockt, als er mir Geld anbot, um seine Marke zu repräsentieren. Ich dachte, er macht einen Witz. Aber als ich merkte, dass er es ernst meint, war ich wirklich überrascht.
Ich habe damals Snowboarden gelernt, als ich das erste Mal dort war. Mir gefiel die Stadt sehr gut und die Häuser waren um ein Vielfaches billiger als auf Hawaii. Aber es war keine Entscheidung gegen das Surfen, Snowboarden war dem Surfen sehr ähnlich und deshalb wollte ich es besser lernen. Und die letzten 30 Jahre hatte Snowboarden und die Berge eine sehr große Anziehungskraft auf mich. Heute allerdings surfe ich wieder öfter als ich snowboarde. Es ist besser für meinen Körper. Ich habe ein Haus in Mexiko, wo ich ungefähr die Hälfte des Jahres verbringe.
Ich denke, dass es ein langer Prozess ist. Am Anfang steht der Stoke. Man surft die ersten Wellen und erlebt dieses unglaublich schöne Gefühl, man ist einfach glücklich. Wenn man besser wird, setzt oft das Ego ein, man fängt an sich zu vergleichen und auf einmal sind alle um einen herum Kooks, außer man selbst. Aber auch davon kann man sich wieder lösen. Ich habe lange dafür gebraucht, aber heute empfinde ich Surfen als pure Freude und lasse mein Ego komplett außen vor.
[lacht] Es war ziemlich frustrierend. Wir kamen mit einem Boot an und hatten keinen Orientierungspunkt im Line-Up. Wir wussten nicht, wo wir den Take-off machen sollten, wir konnten den Peak nicht identifizieren. Wir paddelten gefühlte Stunden, ohne Wellen zu nehmen, bis wir schließlich aufgaben und an den Strand gingen.
Erst vom Strand aus konnten wir den Take-off Felsen ausmachen und gaben den unterschiedlichen Sections ihre Namen wie „Moneytrees“ oder „Launching Pad“. Aber das war trotzdem eines der Highlights meiner Surfkarriere: Die Welle war sehr herausfordernd, es war niemand da, es war eine echte Surfmeditation.
Ich weiß nicht, wie lange der Contest schon läuft, aber ich war von Anfang an als Judge mit dabei. Es ist wirklich schwer, ein Jahr auszumachen, in dem es am besten war, denn es steht und fällt mit der Wellenqualität. Aber es gibt verdammt viele gute Surfer auf Hawaii und es ist jedes Jahr aufs Neue sehr schwer, aus dieser Flut an Qualität die beste Welle auszuwählen. Um es an einem Beispiel zu erklären: Dieses Jahr wählten alle vier Judges unterschiedliche Wellen auf den ersten Platz – es waren einfach so viele gute Wellen. Und dann hängt es natürlich auch vom individuellen Geschmack eines jeden Judges ab.
[lacht] Nicht einen, ich habe viele! Kelly Slater, Jamie O´Brien, Mason Ho, John John Florence gefallen mir zum Beispiel sehr gut. Aber jedes Jahr gibt es gute junge Newcomer. Genau deshalb ist es so unglaublich schwer, diesen Contest zu judgen.
Ich war oft mit den Locals snowboarden und ich habe überall am Berg Wellen gesehen. Und immer, wenn ich sagte „schau den Righthander hier an“ oder „den Lefthander hier“ sorgte das für Kopfschütteln. Aber irgendwann konnten sie es auch sehen und das Event kommt mit dieser Herangehensweise gut an. Ich habe den „Schneewellen“ sogar die Namen meiner Lieblingssurfspots gegeben. [lacht]
Als ich am Mount Bacherlor ankam, lernte ich viele der Locals kennen und fing an mit ihnen zu fahren. Sie waren extrem hilfsbereit, nicht nur mir gegenüber, sondern auch anderen Menschen gegenüber. Ich weiß noch, wie sie mir die ersten Powder Lines überließen. Stellt euch vor, ihr würdet Johnny Boy Gomez oder Sunny Garcia fragen, ob sie euch in die Welle lassen. Sie würden euch für verrückt erklären. Ich hoffe damit die Frage eindeutig beantwortet zu haben.
Ja. Es gibt sie seit ungefähr fünf Jahren und ich surfe dort oft. Es war überraschend schwierig am Anfang, mittlerweile beherrsche ich das River Surfern aber einigermaßen gut.
Ich hatte einmal die Gelegenheit, den Eisbach kennenzulernen. Ich war in München mit zwei jungen Surfern aus Maui, damals die besten Surfer der Insel. Sie versuchten sich am Eisbach und beide waren hoffnungslose Fälle. Ich entschied dann, es erst gar nicht zu versuchen. [lacht] Ich habe einmal die City Wave in München ausprobiert, Rob Machados Bruder brach sich da die Hand und ich hatte auch alles andere als Spaß. Die in Oregon ist deutlich benutzerfreundlicher, da habe ich das River Surfen lieben gelernt.
Ich habe 1968 das erste Mal Yoga ausprobiert. Die Beweglichkeit der Yogalehrerin hat mich beeindruckt und ich dachte mir, dass mein Surfen maßgeblich davon profitieren würde, wenn ich auch so beweglich wäre wie sie. Auch die mentale Vorbereitung, die Konzentrationsfähigkeit, die durch Yoga trainiert wird, hat meinem Surfen und Snowboarden unheimlich geholfen.
John Milius hat mich angerufen und gesagt, er mache diesen Film und ob ich mit dabei sein will. Wir wurden während der Dreharbeiten gute Freunde und John ist auch der Grund, wieso ich in Hollywood so etwas wie eine Karriere machte. Den Producer von Northshore lernte ich dann über John kennen, was mein nächster Film war.
Ja, das war so eine Geschichte für sich. Aber ich werde sie für mich behalten, weil sie nicht sehr vorteilhaft für die Schauspielerin wäre. [lacht]
[lacht] Eddie macht, was Eddie will! Wir sind seit den 60ger Jahren gut befreundet, Eddie war immer ein guter Acrobat. Wir machten viel Yoga zusammen, aber er konzentrierte sich damals auf andere Sachen. Er führte den Dahui Clan, was sehr viel Arbeit bedeutete.
Ich unterrichtete einen Yogakurs bei einem Event mit dem Namen „Wanderlust“ und Eddie machte mit, er setzte sich direkt in die erste Reihe. Ich stellte ihn dem ganzen Kurs vor, es waren knapp 300 Leute anwesend. Er genoss es, weil nach dem Kurs alle Brasilianerinnen zu ihm kamen und ihn kennenlernen wollten. Aber du bist keine hübsche Brasilianerin, weshalb das mit dem Interview nicht klappen wird …
[lacht] Ja, es ist tatsächlich wahr. Es war ein Riesenkampf mit dem Produzenten Dino Delorentes, der damals Jackie Chan als Sidekick von Arnold Schwarzenegger besetzen wollte. Am Schluss war es Jackie Chan oder ich. Und John Milius bestand darauf, mich zu besetzen.
Oh wow! Das wusste ich gar nicht. Das ist ein super Deal für ihn gewesen. Er war ja noch relativ unbekannt, es war sein erster großer Film. Und nein, ich habe nicht annähernd so viel verdient wie er. Er hatte davor einen wirklich schlechten Film gedreht, es war, glaube ich „The Pretender“. Er erzählte mir, wie er damals mit seinen Freunden zur Premiere ging, ohne den Final Cut zu kennen. Während des Films versank er vor Scham im Sitz und seine Freunde lachten ihn danach aus. „Conan der Barbar“ war dann der Start für seine sehr erfolgreiche Karriere.
Ja, auf jeden Fall. Der Drehbeginn wurde immer wieder verschoben und wir verbrachten beinahe ein ganzes Jahr vor Drehbeginn zusammen. Wir nahmen gemeinsam Schauspielunterricht, hatten einen japanischen Kampfkunstlehrer, wir verbrachten damals also viel Zeit gemeinsam.
[lacht] Wir hatten viele Tage, wo wir nicht drehten. Die letzten drei Monate des Drehs verbrachten wir in Almeria und in der Nähe unseres Hotels gab es einen Golfkurs. Arnold und ich waren die schlechtesten Golfer weit und breit und jeder von uns brauchte mindestens 20 Bälle, weil wir am Ende des 9-Loch-Platzes bereits alle verschossen hatten. Arnold prügelte mit all seiner Kraft einen raus, der Ball flog eine starke Kurve und schepperte durch das Fenster eines benachbarten Hauses. Wir packten unsere Schläger und zahlten Fersengeld …
Ja, ich habe ihn ein paar Mal mit rausgenommen. Er paddelte mit mir raus, saß im Line-Up und schickte sein Board mit der ersten Welle allein an den Strand. Er sagte, „Ich brauche kein Board, ich surfe auf meiner starken Brust“.
[lacht] Ich glaube, niemand kann Arnold das Wasser reichen. Ich bin mir sicher, dass Nick mir beipflichten würde.
Die Reichweite von „Conan der Barbar“ war enorm und ich wurde von einer sehr bekannten Agentin angerufen, die mir eine große Karriere als Schauspieler voraussagte. Ich fragte sie, was ich dafür tun müsse, und sie antwortete, dass ich erst mal von Hawaii nach L.A. ziehen müsste. Ich dachte ungefähr 5 Sekunden darüber nach und sagte dann, ich bleibe in Maui und verzichte auf die Filmkarriere. Surfen war mir wichtiger!
Ich gehöre definitiv zu den Letzteren. Ich habe mich mit meinem „Star“-Status nie wirklich wohl gefühlt. Ich liebe die Anonymität. Auch deshalb habe ich meinen neuen Wohnort in Oregon genossen. Fast niemand wusste, wer ich bin, was auch für meinen Sohn Alex ausgezeichnet war: Hier war ich einfach Alexs Vater, nicht mehr und nicht weniger und er konnte eine ganz normale Kindheit genießen. Alex war schon älter, als er herausfand, dass ich vor ihm auch noch ein anderes Leben führte.
Wir haben ein Haus in Mexiko. Es ist zwar nicht Hawaii, aber auch Mexiko hat seine Vorteile. Ich war gerade drei Monate dort und kann mir auch gut vorstellen, wieder ganz am Meer zu leben.
Ich glaube eher nicht. Wenn man mit dem Longboarden anfängt, muss man seine Ambitionen endgültig beerdigen, dazu bin ich noch nicht bereit und werde es wohl auch niemals sein. [lacht]
Ja, das ist sicher. Der Ozean ist riesig und es muss noch unglaublich viele gute, unentdeckte Wellen geben. Nur reden die Leute wohl nicht mehr darüber. Das war unser Fehler, den wir damals gemacht haben: Wir haben von unseren Entdeckungen jedem erzählt.
1970! Die Surfboards waren sehr viel besser als in der Generation zuvor, die Line-Ups waren noch überschaubar voll, Pipeline war noch ziemlich unbeliebt, es war alles in einer guten Balance. Die 70ger waren die beste Zeit zum Surfen für mich. Ich lerne sehr langsam, ich brauchte sehr viele Wellen, bis ich Pipeline verstanden habe, heute wäre das wohl nicht mehr möglich.
Ich würde mir die Menschen aus Mexiko mit japanischem Essen, hawaiianischen Wellen und der friedlichen Ruhe aus Oregon wünschen.
Loggen Sie sich ein, um einen Kommentar abzugeben
The most important Surfing-News straight to your Inbox!
Prüfe deinen Posteingang oder Spam-Ordner, um dein Abonnement zu bestätigen.
The Prime Surfing Magazine was established in 2015 and is published by the Prime Sports Mediahouse. Amazing stories, stunning pictures and interviews with the people from the scene. Enjoy!